„Konkurrenz macht mir ja auch Spaß“ – Interview mit Pianist Dong Jin Lee

(c) Dong Jin Lee

Dong Jin Lee ist Pianist. Der Südkoreaner kam mit 14 Jahren nach Deutschland. Heute ist er 32 Jahre alt, studiert in Rostock und steht kurz vor seinem ersten großen Wettbewerb. Dong Jin tritt im LiedDuo-Wettbewerb 2023 zusammen mit seinem Duopartner beim internationalen Schubertwettbewerb an, der in Dortmund stattfindet und Ende September beginnt.

Fangen wir mal mit einem Blick zurück an. Wie bist du zum Klavierspielen gekommen?
Ich war vier Jahre alt, als ich angefangen habe. Lange war das Klavierspielen nur ein Hobby, so bis ich etwa neun wurde. Dann bin ich mit etwa 14 Jahren nach Deutschland gekommen und wusste zu diesem Zeitpunkt bereits, dass ich Pianist werden will.

Das wusstest du aber schon früh!
In Korea ist das tatsächlich schon spät (lacht). Die meisten sind etwa 10 Jahre alt, wenn sie wissen, dass sie Musiker:in werden wollen und bereiten sich etwa ab dem sechsten Lebensjahr darauf vor.

Sehr diszipliniert, und das in diesem Alter. Wie ist denn die musikalische Ausbildung in Südkorea?
Es gibt viele Musikgymnasien und die Ausbildung in Südkorea ist strenger und härter als in Deutschland. Heute hat sich das vielleicht etwas gelockert, aber zu meiner Zeit war es sehr streng.
Da gab es mal einen Extremfall, als ich etwa 10 Jahre alt war und ein Vorspiel vor meinen Lehrern hatte. Ich habe Fehler gespielt und dafür Schläge bekommen. Das war zu meiner Zeit leider noch so.

Was denkst du heute darüber?
Ich sehe das natürlich total kritisch! Sowas bringt absolut nicht weiter…

Und trotzdem hast du an deinem Ziel festgehalten – zunächst hast du Soloklavier in Berlin an der Hochschule für Musik Hanns Eisler studiert und dann ein zweites Masterstudium „Liedgestaltung für Pianisten“ in Rostock erfolgreich beendet. Welche Fähigkeiten braucht speziell als Liedbegleiter?
Zuerst muss ich die Liedtexte verstehen können, denn die Worte haben eine Bedeutung, wie die Noten auch. Am Ende sollen Text und Musik eins sein, deshalb muss man die Texte musikalisch interpretieren können. Schubert hat zum Beispiel viel über die Liebe geschrieben und dafür gewisse Motive verwendet. Diese muss ich herausfinden und variieren können. Im Liedbereich hat man so gesehen doppelte Arbeit. Ich muss mich auch immer auf meine Gesangspartner:innen einstellen, das ist so wichtig! Manche Sänger:innen sind empfindlich wenn eine Stelle nicht so klingt, wie sie es wollen. Dann ärgern sie sich und haben keine Lust mehr zu proben.

Scheint als müsse man auch ein soziales Händchen haben. Jetzt nimmst du ja gemeinsam mit dem Bariton Sanghun Lee am Schubert Wettbewerb teil. Wie kam dieses Duo zustande?
Wir haben beide in Rostock studiert und gemeinsam unsere Abschlusskonzerte gespielt. Irgendwann habe ich dann mal nach Liedwettbewerben in Deutschland gesucht und bin auf den Schubert Wettbewerb gestoßen. Für uns beide ist es der erste Wettbewerb. Und er ist gleich international und ziemlich groß.

Wie ist denn deine allgemeine Haltung zu Wettbewerben?
Die Gefahr dabei ist natürlich, dass man im Vergleich scheitert und „schlechter“ ist als jemand anderes. Da kommt man schnell in ein negatives Narrativ rein, wenn man nicht aufpasst. Aber durch die Vorbereitung auf den Wettbewerb wachse ich und entwickle mich weiter. In dieser Zeit lerne ich wahnsinnig viel Repertoire, das ich ohne den Druck des Wettbewerbs vermutlich nie gelernt hätte. Es ist also ein gutes Ziel.

Beim Schubert Wettbewerb werden natürlich Lieder von Franz Schubert gespielt, aber auch von Robert Schumann. Was sind deine Gedanken zu dieser Kombination?
Eine Parallele ist natürlich, dass beide vor allem deutsche Gedichte verarbeitet haben, z.B. von Heine oder Goethe. Musikalisch sind Schubert und Schumann schon recht verschieden, wenn sie auch beide melodisch und linear geschrieben haben. Natürlich ist Schumann romantischer und etwas dramatischer, allerdings hat auch Schubert seine ganz eigene Dramatik.

Jetzt ist ja gar nicht mehr so viel Zeit bis zum Auftritt. Ist es gerade sehr stressig?
Ja, schon, wir proben jeden Tag von 11-19 Uhr. Danach gehe ich ins Fitnessstudio. Mein Körper muss ans lange Spielen gewöhnt werden, braucht aber auch einen Ausgleich. Einen Pausentag gibt es selten, ich muss aber sagen, dass ich mich während dieser Phase total lebendig fühle – Konkurrenz macht mir ja auch Spaß.

Bist du während Auftritten aufgeregt?
Ich bin natürlich total aufgeregt, aber das ist mein Job. Das muss ich kontrollieren können.

Was machst du dagegen?
Tatsächlich gibt es nur eins (lacht) – gut vorbereitet sein. Das gibt mir Energie und Vertrauen, dass ich es schaffen kann.

Da bleibt nur zu sagen: Auf ein paar gute letzte Vorbereitungstage und Viel Erfolg!

Der LiedDuo-Wettbewerb 2023 findet vom 25. 09.  bis zum 1. 10. 2023 statt. Alle Liedduos, die nach 1990 geboren sind, dürfen sich bewerben. Die Vorrunden des Wettbewerbs finden im Orchesterzentrum NRW statt und das Finale im Dortmunder Konzerthaus.

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