Das DETECT CLASSIC FESTIVAL. Zwei Tage zwischen Klassik ohne Klunker und elektronischer Musik, Flügel und Synthesizer, Studio und Open Air Bühne. Vom 4.-5. August 2018 fanden sich mehr als 400 Künstler*innen im Funkhaus Berlin zusammen, um zu beweisen, dass diese Symbiose funktioniert. Hauptorganisator des Festivals ist das Netzwerk der jungen norddeutschen philharmonie (jnp). Wir haben beim Festival selbst mit dem Geschäftsführer der jnp Konstantin Udert über die Planung des Festivals, die Synthese von Klassik und Elektro und seine Wünsche für die Zukunft des Festivals gesprochen.
terzwerk: Das Detect Classic Festival ist noch ein ziemlich junges Festival, dieses Jahr findet es erst zum zweiten Mal statt. Wie zufrieden bist du mit dem Festival dieses Jahr; war es so, wie du es dir vorgestellt hast?
Konstantin: Eine Veranstaltung dieser Größenordnung haben wir von der jnp bisher noch nicht gemacht und dafür läuft es sehr rund, wir sind ziemlich zufrieden.
Man weiß nie, was dabei rauskommt, wenn man etwas neu macht. Ich glaube, das, was wir gerade haben, ist echt spannend. Das Konzept scheint aufzugehen, die Leute haben Spaß. Manche sind auch wirklich von Sachen überrascht, die sie vorher nicht gekannt haben und das war unser Ziel. Aber andere Leute sind dann zum Beispiel genervt davon, dass man im großen Saal den Beat aus dem Foyer hört.
terzwerk: Wie kann man sich denn die Planung für so eine große Veranstaltung vorstellen? Ihr habt mehr als 400 Künstler*innen mit dabei von kleinen Ensembles zu Symphonieorchestern, DJs und Bands.
Konstantin: Die Idee des Festivals hat sich in den letzten Monaten immer wieder neu entwickelt. Im Frühjahr dieses Jahres haben wir viele Kollektive und Festival-Crews kennengelernt und das war dann eine gute Kombi. Wir hatten das Funkhaus als Ort und hatten Bock auf ein Festival und die Festival-Crews dagegen hatten Probleme, einen Ort für ihre Festivalidee zu finden. Um so ein Festival auf die Beine zu stellen, braucht man eine Person, die aufpasst, aber im Grunde müssen da sehr viele Personen gut zusammenarbeiten. Da muss man seinen Partnern einfach vertrauen. Und bei so einer großen Veranstaltung gibt es zusätzlich noch einen riesen Backstage-Bereich, den man verwalten muss. Wir haben 400 Beteiligte, da braucht man mehr als nur eine Garderobe für den Dirigenten und noch ein paar für Orchestermitglieder.
Ich habe heute Mittag scherzhaft gesagt, dass ich froh bin, wenn morgen Abend dann die Vorbereitungen abgeschlossen sind. In der Tat ist es so, dass man die Planung des Festivals im besten Falle einen Abend vorher fertig hat und man sich dann entspannen kann. Das ist hierbei nicht so wirklich der Fall. Aber das ist okay. Wenn man etwas entwickeln will, dann gehört es dazu, dass nicht alles zu 100 Prozent fertig ist.
terzwerk: Verliert man denn dabei dann auch manchmal den Überblick?
Konstantin: Chaos gibt es schon. Die Künstler zum Beispiel haben alle selbst ein großes Kontingent an Gästelisteplätzen. Das macht die Gästeliste an der Kasse dann ziemlich umfangreich. Künstler können aber auch einfach verpeilt sein und vergessen dann, ihre Leute auf die Gästeliste setzen zu lassen und kommen damit dann in der letzten Minute an. Bis zu einem gewissen Grad kann man alles planen, aber manche Sachen eben auch nicht.
terzwerk: Gab es denn Probleme bei der Planung?
Konstantin: Mit der Festival-Crew haben wir uns oft zusammengesetzt und verschiedene Arbeitsweisen ausprobiert, aber dann ist uns irgendwann aufgefallen, dass wir mit dieser Arbeitsweise das Festival nie in die Realität umsetzen könnten. Vor sechs Wochen ca. haben wir dann hochgeschaltet und mussten uns dann entscheiden: Entweder das Detect Classic bleibt für immer eine Idee oder wir gehen jetzt in die Umsetzung, auch wenn wir mal kein Mandat von den Kollektiven haben. Dabei bestand dann auch das Risiko, Acts zu verlieren, was dann schon auch passiert ist.
Wir hatten dann noch sechs Wochen, um das Festival konkret zu planen. Ich denke, dass da dann nicht alles klappen kann, ist ja logisch.
In unserer Vorstellung ist die Klassik eingebettet in ganz viele andere Dinge, die junge Leute interessieren. Wir wollen nicht, dass die klassische Musik hier auf einem Thron präsentiert wird. Man soll auch raven, zu Workshops gehen und sich Vorträge anhören können.
terzwerk: Das Festival gab es bereits letztes Jahr – allerdings in einem wesentlich kleineren Rahmen. Was genau ist anders in diesem Jahr?
Konstantin: Letztes Mal war die Veranstaltung zwar auch im Funkhaus, aber es war ein ganz anderes Event. Eigentlich war es eine reine jnp-Veranstaltung mit noch zwei oder drei weiteren befreundeten Ensembles. Aber auch dahin sind schon so viele Menschen hingekommen, das war ziemlich überwältigend. Die Resonanz war durchgehend positiv.
Dieses Jahr haben wir dann gesagt, wir rufen einfach mal in die Szene rein und gucken, was zurückkommt.
terzwerk: Die Szene: Das ist in diesem Fall sowohl die Szene des Elektro, als auch die der Klassik. Warum ausgerechnet die Kombination aus diesen beiden Musikrichtungen?
Konstantin: Wir wissen, dass es tausend junge Leute gibt, die Bock auf Festivals haben, aber für klassische Musik gibt es das irgendwie nicht. Wir sind aber der Meinung, dass klassische Musik allen Menschen was geben kann, auch wenn sie keine leidenschaftlichen Konzertgänger sind.
In unserer Vorstellung ist die Klassik eingebettet in ganz viele andere Dinge, die junge Leute interessieren. Wir wollen nicht, dass die klassische Musik hier auf einem Thron präsentiert wird. Man soll auch raven, zu Workshops gehen und sich Vorträge anhören können. Ich mein, wir gehen doch alle gerne feiern.
Und wir finden, es ist ziemlich cool, sich von benachbarten Disziplinen einfach was mit reinzunehmen.
terzwerk: Apropos Vortrag: Beim Festival haben wir einen Vortrag „Space“ zu der Immobiliensituation in Berlin gehört. Wo genau liegt bei sowas dann der Kontext zum Detect Classic?
Konstantin: Die Dramaturgie der ganzen Veranstaltung ergab sich natürlich aus der Riesen-Idee, die wir anfangs verfolgt haben, die wir dann eingrenzen mussten. Die Veranstaltung sind so ca. 60%, von dem, was eigentlich gedacht war. Und ich bin da ehrlich, da gibt es dann natürlich Sachen, die man hinterfragen kann. Die Veranstaltungen sind dann zum Teil vom alten Konzept übriggeblieben.
terzwerk: Was sind deine Ziele für die nächsten Jahre?
Konstantin: Ich wünsche mir, dass klassische Musik und Feierkultur auf einer Veranstaltung normal werden, weil es das Detect Classic gibt. Leute, die Festivals mit Elektro, Pop, Rock lieben, kommen neugierig zum Detect, weil es dort als Alleinstellungsmerkmal unter anderem klassische Musik gibt. Das ist eine politische Ambition: Der klassischen Musik wird ihr exklusiver Charakter und Standesdünkel abgegraben – wie geil wär das denn?
Fotocredits:
Hintergrundbild: flickr.com – Jan Kornack – CC BY-ND 2.0
Bild Konstantin Udert: junge norddeutsche philharmonie
Bilder Detect Classic Festival: Detect Classic Festival