Es ist nicht schwierig das »zweigestrichene e« zu singen – vorausgesetzt man ist eine Frau. Bei Männern sieht das allerdings ganz anders aus. Für Bassisten ist der Ton unerreichbar. Für Tenöre gilt Ähnliches, doch ein paar seltene Exemplare haben das Glück, engelsgleich zu klingen. Ungeübte Ohren können den Countertenor für eine Frau halten, wenn er derart hohe Töne singt.
»Es gibt heute immer noch einige, die es lächerlich finden, wenn ein Mann mit einer hohen Stimme singt. Das merke ich, wenn ich zum Beispiel in Fernsehsendungen auftrete, wo das Publikum sich mit klassischer Musik nicht so gut auskennt und nicht weiß, was ein Countertenor ist.«
[Philipp Jaroussky gegenüber der Zeit]
Countertenor Philipp Jaroussky singt in der Stimmlage einer Altistin, kann aber zum Teil sogar mit Sopranistinnen mithalten. Assoziiert werden die hohen Töne meistens mit Frauen oder Kastraten und nicht unbedingt mit bärtigen Männern, die zum Beispiel ein wunderschön klingendes »zweigestrichenes e« singen.
Dass die Unwissenheit Vieler den Countertenören zu schaffen macht, erfordert eine Welle der Aufklärung. Wer ein »zweigestrichenes e« nicht »männlich« findet, sollte einmal versuchen, diesen Ton zu singen. Es erfordert nämlich Hingabe, Kraft und Zeit. Attribute die durchaus männlich und bewundernswert sind.