Die Berufsbezeichnung des Komponisten ist nicht geschützt, trotzdem haben heute die meisten eine akademische Ausbildung. Früher hatte er den Status eines Handwerkers. Es folgt ein rasanter Streifzug durch die Geschichte des Berufsbild des Komponisten sowie die Frage nach seinem Verhältnis zum Publikum und Auftraggeber.
Der Komponist im frühen Mittelalter war ein Anonymus und stand in einem Dienstverhältnis zu kirchlichen oder fürstlichen Auftraggebern. Dementsprechend sind Komponisten des Mittelalters heute kaum bekannt. Als Johann Sebastian Bach im Jahr 1723 als Thomaskantor nach Leipzig kam, verpflichtete er sich, nach dem Geschmack der Kirche zu komponieren. Er befand sich im Zeitalter des Absolutismus im Dienste eines Brotherrn, der Kirche oder des Fürsten. Der Geschmack des jeweiligen Auftraggebers dominierte den Gestaltungswillen des Komponisten.
Mozart – mehr als ein halbes Jahrhundert später in das Zeitalter der Aufklärung und der Revolution hineingeboren – ‚revoltierte‘ gegen seinen Auftraggeber und Brotherrn in Salzburg. Mozart nahm das ökonomische Risiko auf sich, als freier Künstler nach Wien zu gehen. Er lebte dort auf großem Fuß, wohnte komfortabel und verkehrte in Adelskreisen, aus denen er einen Teil seines Einkommens bekam.
Emanzipierung der Musik
Je mehr sich Musik von der Kirche und dem Adel löste, desto autonomer wurde der Komponist. Mit der Verbürgerlichung der Gesellschaft emanzipierte er sich. Die Zeiten, in denen er sich als Handwerker in einem Dienstverhältnis begriff, waren vorbei. Er wurde zu einem selbstbewussten Individuum, zu einem Künstlergenie.
Im ausgehenden 18. Jahrhundert behielten zwar die alten Machteliten ihren ökonomischen und politischen Einfluss, aber das wohlhabende, an der industriellen Entwicklung teilhabende Bürgertum gewann an Bedeutung. Auch der Konzertbesucher emanzipierte sich: Er ging in den Konzertsaal, widmete sich ausschließlich der Musik und bewunderte das schöpferische Produkt des Künstlers. Noch im Mittelalter etwa diente die Musik der Andacht des Hörers. Die Erkenntnis, dass Musik die Schöpfung des subjektiven Bewusstseins des Komponisten ist, wurde im Zeitalter der Romantik deutlich. Politische und soziale Umwälzungen wie, die Revolution, Befreiungskriege, Restauration, Industrialisierung, Nationalisierungs- und Demokratiebewegungen zwangen auch den Musiker zur Stellungnahme und Reaktionen.
Das Urheberrecht – Geschäft mit der Musik
Musik wurde im 19. Jahrhundert zur Massenware. Die wohl bis heute wichtigste Veränderung war das Urheberrecht. Auch das Musikverlagswesen nahm eine besondere Rolle ein und trug zur Verbreitung der Werke bei. Man bedenke: Konstanze Mozart, die ihren Mann um nahezu 40 Jahre überlebte, wurde durch die urheberrechtlich geschützten Werke ihres Mannes zur reichen Frau. Dass der Musiker und Komponist zum künstlerischen Unternehmer wurde, wird aus dem Briefwechsel zwischen Beethoven und dem Leipziger Verlag Breitkopf & Härtel deutlich.
Die Idee vom freischaffenden Künstler
Ludwig van Beethoven kam der romantischen Vorstellung eines freischaffenden Künstlers am nächsten. Er verdiente sein Leben durch drei hochadlige Gönner, die ihm ein lebenslang gesichertes Einkommen von 4000 Gulden jährlich garantierten. Die einzige Bedingung: Er musste in Österreich bleiben. Ein Abhängigkeitsverhältnis blieb trotzdem. Nicht nur die Kompositionen des Künstlers wurden für die Öffentlichkeit zugänglich, sondern auch der Komponist selbst: Beethoven war der erste Musiker, der noch zu Lebzeiten Kult und Legende wurde. Zeitgenössische Beethoven „Fans“ wollten wissen, wie der Komponist aussah und die Verlagshäuser in Wien kamen der Frage nach. Porträts und Anekdoten wurden seinen Kompositionen gerecht – unzähmbar, rasant, ungebändigt und vor allem originell.
Der exzentrische Richard Wagner, der ebenfalls im Dienste der Musik stand, war wie seine Vorgänger nicht wirklich unabhängig. Ohne seinen Mäzen König Ludwig II., der ihn aus finanzieller Not rettete, hätte er seine Kunstideale nicht verwirklichen können.
Der akademische Komponist
Im 19. Jahrhundert wurden die ersten Musikhochschulen gegründet. Die Ausbildung des Musikers und des Komponisten institutionalisierte sich. Der ursprünglich handwerkliche Beruf wurde zu einem akademischen. Auch heute noch ist das der übliche Ausbildungsweg. Aber die Berufsbezeichnung des Komponisten ist rechtlich nicht geschützt, denn jeder kann seine Kompositionen auf dem Musikmarkt anbieten. Komponisten sind heute meist freiberuflich tätig, die Tätigkeit kann aber als Auftragsarbeit an eine Institution gebunden sein. Die Vorstellung eines über sich selbstbestimmenden freischaffenden Künstlers bleibt ein Ideal. Es besteht heute oft noch ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Komponisten und seinen Auftraggebern oder Gönnern.