Das Bayreuth des Nordens wurde sie schon genannt – die Ruhrtriennale. In seinem ersten Jahr als Intendant hat Johan Simons versucht, den Festspielglanz von Richard Wagner nach Bochum zu holen. In der Jahrhunderthalle inszeniert er das Rheingold, den Vorabend zu Wagners Ring-Tetralogie. Dabei gibt es auf der Bühne manchmal so viel Slapstickartiges, dass Bjarne Gedrath im Götterdrama sogar eine Sitcom gesehen hat.
Johan Simons wusste es vermutlich schon immer: Die beste Sitcom der Welt ist das Rheingold von Richard Wagner. Was sich für den Zuschauer erst mit dem Auftritt der Götter offenbart, ist bei Simons von Anfang an da. Wie bei einer Sitcom üblich, beginnt der Abend mit einer relativ kurzen Szene, dem ersten kurzen Gag, der das zu behandelnde Problem aufwirft. Im Verhältnis zur restlichen Oper ist die Szene mit Alberich und den Rheintöchtern in der Tat kurz. Aus dem Raub des Rheingoldes verstrickt sich die weitere Handlung heraus und für den Gag im Prolog sorgt Simons Regiestreich, die Rheintöchter durch im Rhein ersoffene Gummipuppen zu doubeln. Gut, dass die Szene nach rund 20 Minuten vorbei ist, bevor sich der Witz verbraucht hat.
Innovativ bei Simons Ansatz ist, dass er die Vorspannmusik schon mit der ersten Szene beginnen lässt. Aber der hohe Wiedererkennungswert, wie es sein soll, ist durch Wagners Ouvertüre gegeben. Das reine Es-Dur gräbt sich in das Gehirn des Zuschauers ein. Wer bisher die Sitcom nicht erkannt hat, wird sie mit dem ersten Auftritt der Götter erkennen. Wotan wird als der immer wieder scheiternde Ernährer der Familie gezeigt. Die übellaunige Mutter ist Fricka, die zum luxuriösen Größenwahn neigt und die beiden ewig pubertierenden, nichtsnutzigen Söhne werden von Froh und Donner dargestellt. Dazwischen wütet der verwirrte Onkel, der mit seinen Ideen und seiner Energie die ganze Familie auf Trab hält, in diesem Fall Loge. Während um Haussklavin Freia verhandelt wird, zerren die Götter an ihr und laufen sich selbst über den Haufen. Was der Sitcom-Fan vermissen wird, sind lediglich die Hintergrundlacher, die einem die Gewissheit geben, jeden Witz mitzubekommen.
Knapp drei Stunden lässt Simons seine Helden über die Bühne springen und um das am Anfang gestohlene Rheingold kämpfen. Als genialen Cliffhanger nutzt er die bis dahin nur als Deko genutzte Götterburg. Fricka und einer ihrer Söhne versuchen, nach dem Hin und Her um die Burg, das Rheingold sowie Freia verzweifelt in ihr trautes Heim zu kommen. Sie laufen aber nur verzweifelt gegen eine verschlossene Tür. Der Zuschauer darf gespannt sein, wie sie sich an dem Betrug der Riesen rächen werden. Vielleicht schon im nächsten Jahr im Siegfried bei der Ruhrtriennale?