Bester Freund, treuer Begleiter, ergebener Zuhörer: Die Zeiten vom Hund als Nutztier, das einsam und verlassen Haus und Hof bewacht, sind längst vorbei. Bei den meisten Menschen ist der Vierbeiner vielmehr zum festen und heißgeliebten Familienmitglied geworden. Auch die kalte Hundehütte ist passé: Inzwischen bestimmt der Hund, wenn nicht vom bequemen Sofa, dann wenigstens vom gut gepolsterten Körbchen aus, sein Umfeld – denn er ist der eigentliche Herr im Haus. Der Hund weiß das, seine Menschen auch. Zugeben möchten Letztere das allerdings nicht. Dennoch stehen sie rund um die Uhr parat, denn das gehört sich so – der Hund hat sie eben gut erzogen. So handelt und lebt er ganz autonom und weiß Herrchen und Frauchen bestens für seine Zwecke zu instrumentalisieren. Der Napf wird stets pünktlich gefüllt und Bello von vorne bis hinten verwöhnt. Bauch kraulen, Gassi gehen, was für ein Leben!
Dass einige Hundebesitzerinnen und -besitzer bisweilen dazu neigen, ihre vierbeinigen Freunde dabei ein wenig zu sehr zu vermenschlichen, ist kein Geheimnis. Stets sind sie der Meinung, das Tier verstehe ihre Worte genau, jeder Gesichtsausdruck wird gedeutet („Schau, jetzt ist er beleidigt!“), sein Geburtstag ausgiebig gefeiert und selbstverständlich darf auch die eigens von Herrchen in Geschenkpapier verpackte Wurst unter dem Weihnachtsbaum nicht fehlen. Da passt es nur allzu gut ins Bild, dass die geliebten Fellnasen sich nun auch eigens für sie produzierter Musik hingeben dürfen.
So hat ein Team aus Experten basierend auf wissenschaftlichen Daten kürzlich einen Song für Hunde aufgenommen.
Man habe gewusst, dass Hunde vor allem auf hohe Frequenzen, etwa auf Pfiffe, reagieren, erklärt die Hundetrainerin Carolyn Menteith der Süddeutschen Zeitung. Diese Geräusche habe man dann noch durch Hundegebell und verschiedene, für Hunde verständliche Wörter ergänzt, einen Reggae-Beat daruntergelegt und schon habe man einen Song gehabt. Die Idee dazu sei ursprünglich von einem Futtermittelversand gekommen. Kreiert habe den Song der Veterinär Sean McCormack. Menteith selbst sei vor allem herangezogen worden, um die hundespezifischen Elemente beizusteuern.
So skurril die Angelegenheit auf Anhieb scheint – ganz abwegig ist sie nicht, belegen doch bereits einige Studien, dass die Vierbeiner auf unterschiedliche Musik-Genres verschiedene körperliche Reaktionen zeigen. So sollen sich laut einer 2014 in Schottland durchgeführten Untersuchung insbesondere Reggae und Soft Rock positiv auf das Stress-Level von Hunden auswirken: Wurden die Tiere diesen beiden Genres ausgesetzt, zeigten sie signifikant weniger Stresssymptome als beim Hören anderer Musikrichtungen. Carolyn Menteith selbst habe allerdings auch oft erlebt, dass Rettungshunde sich in stressigen Situationen etwa durch klassische Musik beruhigen lassen.
Aufgenommen wurde „Raise the Woof“, so der Titel des Songs, in den Abbey-Road-Studios in London, in jenem Studio also, in dem auch schon Stars wie die Beatles, Amy Winehouse und Ed Sheeran ihre Hits produzierten. Ein höheres Ziel verfolge man mit dem Song allerdings nicht, berichtet Carolyn Menteith. „Es ist ein kleiner Spaß und ein Dankeschön an die Hunde. In diesem verrückten Jahr haben uns die Haustiere viel positive Kraft gegeben.“ So hätten sie ihren Besitzerinnen und Besitzern zu Zeiten von Corona zu mehr Normalität und Bewegung im Alltag verholfen.
Lust auf Bewegung bekommt man auch beim Hören des Weihnachtssongs. Denn der Reggae lädt nicht nur den Vierbeiner zum sogenannten „tail wagging“ ein: Auch Menschen können zu dem gleichmäßigen Beat ausgelassen ihre Hüften schwingen und so den über die Feiertage angefutterten Weihnachtsspeck gleich wieder abtrainieren. Abgeleitet vom englischen „Raise the Roof“ – „die Wände wackeln lassen“, verleitet der Song also nur allzu sehr dazu, es zusammen mit Bello einmal so richtig krachen zu lassen. Na dann, people, shake your hips, dogs, wag your tails und (jetzt) alle: Raise the Woof!