Denn-es-will-A-bend … schnaaarch … wer-den … tönt noch das Abendlied von Josef Rheinberger aus meinem Lautsprecher. Doch da bin ich schon eingeschlafen. Wie macht ihr es? Musik zum Einschlafen, Schäfchen zählen oder einfach nur Ruhe?
Egal ob eben dieses Abendlied, Guten Abend, gut’ Nacht von Brahms oder Schlaf Kindlein, schlaf aus der Spieluhr – Schlaflieder haben Tradition. Schauen wir in das instrumentale Repertoire, werden wir ebenfalls fündig: Je nach Epoche und nach Land findet man Pastoralen, Nocturnes, Berceusen oder Lullabys. Es drängt sich also auf: Die Kombination aus Schlaf und Musik scheint uns immer wieder zu beschäftigen und dafür zu sorgen, dass die Lider schneller zufallen. Da mittlerweile circa 20 % der Deutschen an Schlafstörungen leiden, frage ich mich, wie Musik beim Einschlummern hilft, welche Auswirkungen sie im Schlaf auf unseren Körper hat und warum wir irgendwann auf die Spieluhr verzichten.
Warum Musik das Einschlafen erleichtert…
Während man noch über den vergangenen Tag nachdenkt und schon in den Startlöchern für die nächsten 24 Stunden steckt, schaltet der Körper auf Pause. Muskeln entspannen sich, der Atem geht ruhiger und der Blutdruck fällt ab. Das Hören von Musik, die sich im Metrum an die eigene Herzfrequenz anpasst, unterstützt diesen Effekt. Hierfür bietet sich meditative oder klassische Musik an. Am besten ohne Text, dahinfließend mit einfacher Melodie und Rhythmus. Doch nicht alle haben denselben Geschmack. Bei manchen sorgt sie erst recht für Erregung oder Aggressivität. Deshalb sollte in jedem Fall eine erneute Aktivierung durch die Musik vermieden werden. Nur so verkürzt Musik die Einschlafzeit, verbessert die Schlafqualität und reduziert die Müdigkeit am Folgetag, wie es Forscher*innen herausgefunden haben.
Was im Körper passiert…
In unserem Schlaf wechseln sich Leichtschlaf (NREM-Phasen) und Tiefschlaf (REM-Phasen – Rapid-Eye-Movement) ab. Kommt der Körper in den NREM-Phasen zur Ruhe, dreht er im REM-Schlaf wieder richtig auf. Neben den raschen Augenbewegungen nimmt auch die neuronale Aktivität zu. Geschehnisse werden verarbeitet und neue Verknüpfungen im Gehirn hergestellt. Diese fließen nicht zuletzt in unsere fantasiereichen Träume ein. Spätestens dann sollte die Einschlafmusik verklungen sein, denn sonst stören wir unsere Regeneration. Umso weiter wir ins Schlafland verschwinden, desto verwundbarer machen wir uns. Klingt riskant, sorgt aber für maximale Erholung. Damit diese eintritt, reduziert sich unser Hörvermögen um bis zu 20 dB. Akustische Reize wie tickende Uhren, monotones Verkehrsrauschen oder die Nachbar*innen von nebenan blenden wir aus. Zurückholen können uns nur sogenannte Arousals, in denen unser Körper die Umgebung auf Gefahren prüft und uns bei Alarmsignalen, Lärm oder unserem eigenen Vornamen aufweckt.
Wie wir im Schlaf lernen können…
Im Tiefschlaf schotten wir uns ab und nehmen daher wenige akustische Reize auf. Wissenschaftler*innen um James Antony haben dennoch herausgefunden, dass Musik hören im Schlaf zu einer Reaktivierung des Gedächtnisses führt. Wie das genau abläuft, ist allerdings nicht hinreichend geklärt. Auf jeden Fall konnten Proband*innen eine von zwei geübten Melodien besser auf dem Klavier spielen, nachdem ihnen diese im Schlaf vorgespielt wurde. Die Nachtruhe leistet demnach einen wesentlichen Beitrag, wenn wir neue motorische Programme und Gedächtnisstrukturen anlegen und wirkt sich auch aufs Musizieren aus. Nicht zuletzt kann die Integration von Probenerlebnissen in unsere Träume ebenfalls die musikalische Spielpräzision steigern. Wir können gespannt sein, was die Wissenschaft in diesem Forschungsfeld noch zutage fördert.
Wenn das Gehirn Musik macht…
Brain Music – Wie abgefahren ist das denn bitte??? – Und irgendwie auch wieder nicht. Die Vorstellung von Nervenzellen und ihrer elektrischen Signalvermittlung erzeugt bei mir das Bild von Knallen und Zischen vieler kleiner rhythmischer Blitze. Warum also nicht Einschlafen mit der Musik der eigenen Hirnströme? Mittels eines EEG können Hirnwellen aus dem Schlaf- und Wachzustand ausgelesen und über einen Algorithmus in Musik umgewandelt werden. Proband*innen mit Schlafstörungen konnten beim Hören der eigenen Brain Music schneller einschlafen und berichteten über eine bessere Schlafqualität sowie ein höheres Leistungspotenzial am Folgetag.
Wie wir am gemütlichsten mit Musik einschlafen können…
Musik ist eine fabelhafte Alternative zur Schlaftablette, denn sie unterstützt die Beruhigung des Körpers. Für ein erfolgreiches Lernen im Schlaf und am nächsten Tag in der Uni kommen abschließend noch ein paar Tipps, wie und wo die Musik am besten abgespielt werden sollte. Eine wichtige Voraussetzung ist ein Timer, damit sie den REM-Schlaf nicht stört. Dieser wird nach spätestens 45 Minuten erreicht. Bis dahin sollte die Musik verebben. Das Gerät kann sich neben dem Bett befinden oder an einem anderen Platz im Raum. Auch über Kopfhörer ist es natürlich kein Problem. Wer trotzdem Angst vor Strangulation oder Ohrschäden hat, findet auch andere Wege. Schlafstirnbänder mit eingelassenen Ohrhörern oder Musikkopfkissen mit integriertem Lautsprecher versprechen Abhilfe für das bestmögliche Schlaferlebnis. Und warum ein gutes Schlaferlebnis auch möglich ist, wenn die Musik weiterdudelt, erklärt Euch Haider Steldermann.
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