Eine Nase voll Bach

Tropisch süß die Kopfnote: Ananas. Die Basisnote besticht hingegen mit dem Duft von frischer Minze. Zu guter Letzt rundet die langanhaltende Herznote die Bach‘schen Kompositionen mit einer rosigen Komponente ab. Betörend für Ohr und Nase dieser Johann Sebastian Bach.

Wie klingt zum Beispiel das berühmte 1. Prelude aus der Cello Suite Bachs? Sanft-warm. Ein spätbarockes Werk, bei dem der hölzerne Resonanzkörper tonale Sinnlichkeit erzeugt. Cellisten wissen nur zu gut wie sich eine hingebungsvolle Interpretation dieser Suite anhören muss. Was sie sicherlich aber nicht wissen ist, wie eine Bach’sche Komposition riecht.

Sinnesverschmelzung?

Musik duftet. Das ist neu für uns. Eine „Renaissance des Geruchssinns“ leitete das 21. Jahrhundert ein und mit ihr entstanden ist die Studie zur Musik-Geruchs-Symbiose. Neurologen, Psychologen und Linguisten aus Universitäten in Los Angeles, Providence und Berkeley nehmen an, dass jede Musikrichtung unterschiedliche Geruchsassoziationen bei Hörenden auslöst. Jeder Sound besitzt somit einen spezifischen Geruch. Was für uns ungewohnt scheint, sollte mit einer Studie zur Assoziation von Gerüchen zur Musik belegt werden. Dabei wurde jahrelang doch der Geruchssinn als zweitrangig eingestuft. Wie riecht also eine Symphonie, wie duftet ein Hip-Hop-Konzert oder der nächste Techno Rave?

“Zu subjektiv ist die Geruchsassoziation und zu persönlich konnotiert sind Musikstile und Gerüche.”

Ganz logisch: Jazz riecht nach Kaffee, Heavy Metal bekommt einen fischigen Geruch mit leicht zimtiger Knoblauchnote zugeschrieben und wie ein bunter Blumenstrauß duftet die Klaviermusik. Das ergab zumindest die Studie „The Smell of Jazz: Crossmodal Correspondences Between Music, Odor, and Emotion“, an der 40 Probanden, alles Studenten, teilnahmen. Mit diversen Düften aus Riechstäbchen mussten alle Teilnehmer die gehörten Musikstile assoziieren. 15 Gerüche, 15 Genres und jeden Song 15 Sekunden. So lang wurde jeder Song, der den spezifischen Musikstil vertreten sollte, vorgespielt, um diesen dann einen der 15 Düfte zuzuordnen. Darunter befanden sich unter anderem Werke aus Classic Rock, Funk, Bluegrass, Jazz oder eben vom Fugenmeister Johann Sebastian Bach. Im Geruchskomponenten- Katalog: Düfte wie Ananas, Zitrone, Lakritz, Leder, Benzin oder Fisch.

Repräsentativ scheint diese Studie aber wirklich nicht zu sein. Allein die geringe Teilnehmeranzahl lässt Zweifel aufkommen, als auch das Ermittlungsverfahren der Assoziation von Geruch und Musikgenre. Die Vorstellung, dass verschiedenen Musikstilen ein spezifischer Geruch zugeordnet werden kann, scheint abwegig. Zu subjektiv ist die Geruchsassoziation und zu persönlich konnotiert sind Musikstile und Gerüche. Ein Liebhaber Klassischer Musik, der vermutlich eine ablehnende Haltung gegenüber Heavy Metal hat, würde diesem Genre wohl eher einen unangenehmen Geruch (wie z.B. den von Fischen) zuordnen, wohingegen ein Heavy-Metall-Hörer vielleicht eine Symphonie als stinkend wahrnimmt. Ebenso wenig wurden Hörerfahrungen und Hörvorlieben der Probanden berücksichtigt. Wichtige Parameter, die sicherlich einen Einfluss auf die Bewertungen genommen haben.

Ein netter Versuch der Wissenschaft, welcher aber leider weder in der Musikwelt, noch in der Geruchsbranche Licht ins Dunkel bringt. Unser geliebtes Klavierkonzert, unsere Lieblings-Jazzplatte, das Hiphop-Album oder Technoset kann ganz individuell trotzdem nach Omas Apfelkuchen, Sommerregen, einem frischgemähten Rasen oder einer geliebten Person duften.

Es muss eben nicht alles empirisch erfasst werden und wissenschaftlich greifbar sein. Beim nächsten Konzertbesuch heißt es also jetzt nicht nur die Ohren zu spitzen, sondern auch die Augen zu schließen und die Klangkomponenten zu erschnuppern.

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