Am Theater Dortmund hat Generalmusikdirektor Gabriel Feltz am Wochenende einen Dirigierkurs geleitet. In Zusammenarbeit mit Prof. Rüdiger Bohn von der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf erarbeiteten dort Studierende und Mitglieder des Dirigentenforums anspruchsvolle Orchesterwerke. Mit dabei: eine 15-köpfige Besetzung der Dortmunder Philharmoniker.
Vor langen blauen Vorhängen, zwischen Notenpulten und Stühlen im coronakonformen 2-Meter-Abstand steht Gabriel Feltz mit Prof. Rüdiger Bohn und den Workshopteilnehmern mitten im Orchesterprobenraum. Auf der Galerie sitzen weitere Studierende Bohns mit ihren Partituren, sie dürfen zuschauen. Die Vorfreude auf die Probe ist den Musizierenden deutlich anzumerken.
„Durch diese weltweite Pandemie haben wir Freiräume im Spiel- und Probenplan des Orchesters bekommen, und diese Zeit wollen wir nutzen. Die Dortmunder Philharmoniker brennen darauf zu spielen, sie sind ein hoch motiviertes engagiertes Ensemble, das Spitzenleistung gewohnt ist und einfach arbeiten möchte. So kam die Idee, jungen Dirigenten mit einem sehr schweren Stück eine Plattform zu bieten, um sich mit diesem Orchester auszuprobieren und wertvolle Dirigiererfahrung sammeln zu können.” – Gabriel Feltz
Es geht um die Kontrolle und Verbesserung der Schlagtechnik, und vor allem um Herausforderungen wie verschiedene Taktarten. Tempo- und Taktwechsel stehen im Zentrum des Workshops, was nicht zuletzt den sehr anspruchsvoll ausgewählten Stücken geschuldet ist: „Die Kammersinfonie“ Nr. 1 op. 9 und „Verklärte Nacht“ op. 4 von Arnold Schönberg. Für die Teilnehmer eine Herausforderung.
Passen zu den Stücken haben Feltz und Bohn aus ihrer Sicht besonders gute junge Dirigenten ausgewählt, die sich laut Bohn im „passenden Abschnitt des Studiums befinden, und denen die Werke in ihrer Entwicklung weiterhelfen.“ Schade nur, dass ausschließlich Männer in den Genuss kamen – wo es doch in der Szene und an den Hochschulen immer mehr junge Dirigentinnen gibt.
Vor Ort
Gleich geht es los. Alle Musiker sitzen, Gabriel Feltz und Rüdiger Bohn beobachten das Geschehen von der Seite. Der erste Teilnehmer, Fernando Palomeque, geht nach vorne und begrüßt die Gäste. Er breitet seine Arme aus und gibt den Einsatz, die Musik beginnt. Direkt nach ein paar Takten bricht er ab, bearbeitet einzelne Stellen sehr genau. Dennoch merkt man, dass das Orchester offensichtlich Lust hat. Die Musiker lassen sich auf den Dirigenten ein, geben Rückmeldungen und fragen nach.
Allen Teilnehmern geben die Workshopleiter konstruktive Kritik. Besonders wichtig ist ihnen, so betonen sie immer wieder, dass die jungen Dirigenten selbstständig ihre Arbeit hinterfragen und Verbesserungspotenzial erkennen. Nur stumpf verbessern Feltz und Bohn die Teilnehmer nicht. Ganz im Gegenteil: die lebendige Interaktion zwischen Orchester und Dirigenten und dazu die Kritik der Dozenten lassen erkennen, wie anspruchsvoll die Aufgabe ist, die der leitenden Person vor dem Orchester obliegt. Das Schwierigste dabei sei es, so die Workshopleiter, die eigenen Fehler selber hören zu können – entsprechend stellt Feltz immer wieder konkrete Fragen, um die Teilnehmer zum eigenen Reflektieren anzuregen.
Auch in schweren Zeiten, so zeigt sich, wird die Kunst durch Aktionen wie diese am Leben gehalten – was aber allerdings nur gelingt, wenn es genügend Akteure gibt, die daran mitwirken. Dazu zählen nicht nur erfahrene MusikerInnen und DirigentInnen, die ihr Wissen vermitteln, sondern auch die jungen MusikerInnen und DirigentInnen, die die Tradition fortführen. Außerdem ist Journalismus wichtig, der darüber berichtet – und nicht zuletzt ein Publikum, das Konzerte besucht, wenn es denn coronakonform möglich ist.