Lobpreis der Harmonie

Neues im Alten, Altes im Neuen – Claudio Monteverdis Vespro della beata Vergine steht an der Schwelle zweier Epochen, die sich auf faszinierende Weise miteinander verbinden. Polyphonie und von Generalbass begleiteter Sologesang gehen fließend ineinander über. Auch weltliche und religiöse Musik beginnen sich zu vermischen, wenn Monteverdi zu Beginn der Marienvesper Auszüge aus der Toccata zu L’Orfeo verwendet.

© Volker Beushausen/Ruhrtriennale 2017

Monteverdi verlangt den Sängern viel ab, denn die komplexen polyphonischen Passagen reichen bis zur Zehnstimmigkeit und erfordern eine ausgewogene Verteilung der Stimmen. Das auf historische Aufführungspraxis spezialisierte Ensemble Collegium Vocale Gent meistert diese Aufgabe ohne Probleme. Ob in den Soli einzelner Stimmlagen oder der kunstvollen Verflechtung aller Stimmen, die Sängerinnen und Sänger harmonieren so gut miteinander, dass sie zu einem homogenen Gesamtklang verschmelzen.

Die komplizierten Chorpassagen wechseln sich oft mit solistischen Passagen ab. Jeweils zwei Sopranistinnen, Countertenöre, Tenöre und Bässe werden für die Marienvesper benötigt, deren Stimmen sich in immer wieder anderer Besetzung umschlingen oder mit dem Chor zu einem schwerelosen Gesamtklang vereinen.

Die Sopranistinnen Dorothee Mields und Barbora Kabátková ergänzen sich ausgezeichnet. Immer wieder verweben sich ihre lichten Stimmen wie etwa in der Motette Pulchra es, amica mea miteinander, während sie in den chorischen Passagen Glanzlichter setzen. Auch die Tenöre Samuel Boden und Reinoud Van Mechelen beeindrucken mit klangschönen Soli, die sie mit großer Eindringlichkeit interpretieren. Benedict Hymas, William Knight, Wolf Matthias Friedrich und Peter Kooij ergänzen das Solistenensemble ohne Abstriche.

Dirigent Philippe Herreweghe war mit dem Ensemble Collegium Vocale Gent bereits mehrmals zu Gast bei der Ruhrtriennale, zuletzt mit Bachs h-Moll Messe. Präzise wie ein Uhrwerk gibt er die Einsätze und hält alle Stimmen mühelos zusammen. Streckenweise wird er dabei von Barbora Kabátková unterstützt, die im einen Moment noch einen Teil des Chores dirigiert und im nächsten Moment mit großer Souveränität in ihren nächsten Gesangspart einsetzt. Das Orchester zeigt einen großen Reichtum an Klangfarben und beeindruckt vor allem in den instrumentalen Solopassagen.

Dem gesamten Ensemble merkt man seine große Leidenschaft für diese Musik in jedem Ton an. Alle Mitglieder sind perfekt aufeinander abgestimmt und erzeugen einen Klangkosmos von großer Schönheit. Die Leichtigkeit der Musik lässt die Töne emporschweben, der Klang füllt den ganzen Raum und alle Einzelstimmen vereinen sich in vollkommener Harmonie. Das Publikum feiert diese beachtliche Leistung mit stehenden Ovationen.

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