– Ein Interview mit dem Musicaldarsteller, Sänger und Schauspieler Thomas Hohler über die jetzige Corona Situation –
Als Künstler*in, zumal als freischaffende*r, ist es in der Corona-Zeit alles andere als leicht, finanziell über Wasser zu bleiben. Die Kulturstätten können nicht öffnen und suchen nach neuen Möglichkeiten. “Face to face” findet kaum noch statt. Dafür werden Soziale Medien gehypt und sind aus kulturellen Kontexten kaum mehr wegzudenken. terzwerk hat mit dem Musicaldarsteller Thomas Hohler über die Herausforderungen dieser Zeit gesprochen.
terzwerk: Thomas, wie geht es dir jetzt in der Corona-Zeit? Hast du viel in deinem Beruf an der jetzigen Situation zu knacken?
Thomas Hohler: „Persönlich geht es mir zum Glück sehr gut. Beruflich ist es leider eine Katastrophe für unsere Kunst und Kulturbranche. Seit dem ersten Lockdown ist Covid-19 das alles beherrschende und beeinflussende Thema, leider ist alles, was man zurzeit beruflich versucht zu tun, davon bestimmt, diese ‘Corona-Nuss’ zu knacken.“
terzwerk: Musstest du denn schon einmal darüber nachdenken in der jetzigen Situation aus dem Künstler*innenleben auszusteigen?
Thomas Hohler: „Nein. Zum Glück musste ich mich nicht ernsthaft mit solchen Gedanken beschäftigen. Natürlich mache ich mir Sorgen um die nähere Zukunft, muss um geplante Projekte bangen und frage mich wie lange meine Reserven noch reichen. Aber trotz der Beschwerlichkeit der Situation darf ich von Glück sprechen, dass ich bis jetzt nicht existenzielle Not geraten bin. Dafür bin ich sehr, sehr dankbar und das ist in diesen Zeit nicht selbstverständlich. Aber ich habe die Zeit auch genutzt, um anderen Interessen nachzugehen oder mich ein bisschen in anderen kreativen Feldern auszuprobieren.“
terzwerk: Und wie beurteilst du die momentane Lage von Künstler*innen allgemein?
Thomas Hohler: „Ich möchte die Frage eher auf die ganze Kunst und Kulturbranche lenken. Da gibt es viele Maskenbildner*innen, Tontechniker*innen und hunderte weitere Beschäftigte, für die es gerade unglaublich schwere Zeiten sind. Wirtschaftlich sieht es für Künstler*innen gerade sehr schlimm aus. Damit spreche ich aber auch weitestgehend von den Soloselbständigen, den Veranstaltern und Theaterbetreibern. Einige Künstler*innen oder Kulturschaffende haben ja auch das Glück Arbeitnehmer*innen zu sein und Kurzarbeit, Arbeitslosengeld oder ähnliche Hilfen zu erhalten. Ohne die berechtigten Hilferufe vieler zu schmälern kann man das auch einmal erwähnen. Der Staat und unser Sozialsystem leistet an einigen Stellen unglaubliches und fängt sehr sehr viele Menschen auf. Und die Zuschauer*innen tun es. Ich finde es sehr berührend und das größte Kompliment, dass es eine große Menge von Zuschauer*innen, Unterstützer*innen, Produzent*innen und Helfer*innen gibt, die sich alle auf ihre Art und Weise und nach ihren Möglichkeiten mit uns solidarisieren. Das ist die wunderbare Seite der Medaille.“
terzwerk: Du wärst dieses Jahr mit dem Musical „Wahnsinn“ wieder auf Tour gegangen. Fällt das für dich ganz aus oder bist du zukünftig, wenn es wiederaufgeführt wird, fest mit dabei?
Thomas Hohler: „Die Tournee als solche ist leider abgesagt worden. Nach langem Überlegen hat der Veranstalter nun eine Art Ersatzveranstaltung in weiter Ferne angekündigt. Ob und inwiefern ich oder meine Kolleg*innen aus dem Musical dort involviert sein werden oder können, steht noch nicht fest.“
terzwerk: Durch die Corona-Zeit hattest du auch nicht die Gelegenheit, mit deinen Fans im ständigen Austausch zu sein. Was hast du in der Lockdown-Zeit gemacht, um auch weiter zu zeigen, dass du noch als Darsteller „da“ bist?
Thomas Hohler: „Tatsächlich haben soziale Medien einen regelrechten Hype erlebt. Ich kommuniziere seitdem auch intensiver über Instagram, Facebook und andere Soziale Medien. Allerdings gab es beruflich wenig zu berichten, somit hatte dies natürlich auch wieder eine Begrenzung. Ich selbst habe als Person nicht das starke Bedürfnis ständig in der Öffentlichkeit zu stehen, sehr wohl aber Theater zu spielen. Das vermisse ich.“
terzwerk: Du bist auch an vielen digitalen Angeboten, wie zum Beispiel “Some Snow and Mistletoe”, beteiligt. Werden die Angebote aus deiner Sicht gut angenommen und hattest du dadurch auch einen wirtschaftlichen Zuschuss?
Thomas Hohler: „Das ist ein spannendes Thema. Ja, ich habe mich da auch ausprobiert und muss sagen, ich hatte solche und solche Erfahrungen. Ich kann vorwegsagen: Einen wirtschaftlichen Vorteil hatte ich durch die Streams nicht. Ja, es gab ein paar Einkünfte, aber gemessen am zeitlichen Aufwand und einigen Anschaffungen, die ich tätigen musste, kann ich da nicht von Gewinn sprechen, wie man ihn von etablierten Konzertveranstaltungen oder Theaterproduktionen gewohnt ist. Aber das ist erstmal gar nicht schlimm. Ich habe viel gelernt. Auf sehr vielen Ebenen. Und ich hatte sehr viel Freude daran. Ich hatte schon den Eindruck, dass durch verschiede Projekte, die als Stream angeboten wurden, auch einigen Menschen große Freude bereitet wurde. Es ist einfach ein neues und anderes Medium. Für uns Künstler*innen wie auch die Zuschauenden. Da finde ich es gerade sehr spannend zu lernen und zu erfahren, was die Unterschiede genau sind und vor allem wie man diese Unterschiede als Vorteil für Zuschauende und Künstler*innen nutzen kann.“
terzwerk: Wie sieht der Kontakt mit deinen Kollegen*innen aus? Tauscht ihr euch über die Situation aus?
Thomas Hohler: „Ja, das kann man schon so sagen. Die Kolleg*innen, zu denen ich freundschaftlichen Kontakt pflege, spreche ich zurzeit öfter und wir tauschen uns aus: Über Sachfragen, kreative Ideen oder manchmal auch nur um uns gegenseitig zu stützen und der Langeweile zu entkommen …“
terzwerk: Trotz Corona hat wie in deinem Fall das Theater Darmstadt „The last Five Years” mit dir aufgeführt. Wurden die Liveaufführungen zwischen den Lockdowns gut angenommen?
Thomas Hohler: „Das Theater in Darmstadt ist ein sehr großes Haus, welches durch ein sehr gut ausgearbeitetes Hygienekonzept nur sehr dünn mit Zuschauer*innen besetzt war. Also müsste ich mit Jain antworten. Wir haben vor ausverkauftem, leeren Haus gespielt. Ein merkwürdiges Szenario für alle Beteiligten, aber auch ein tolles Signal und eine großartige Möglichkeit trotzdem weiter zu machen.“
terzwerk: Wie hast du dich in dieser Zeit gefühlt, eine Rolle zu spielen?
Thomas Hohler: „Ich bin sehr dankbar für diese Chance. Wenn man bedenkt, dass man für das Theater nicht mal in Ansätzen von Wirtschaftlichkeit sprechen kann ist es ein Geschenk.“
terzwerk: In welchem Musical möchtest du gerne einmal nach Corona mitspielen?
Thomas Hohler: Egal wie es heißen wird, hauptsache es wird dieses Musical ‘nach Corona’ geben! Gerne so bald wie möglich.